Ist Doppelstaatsbürgerschaft illegal?
Mag. Balazs Esztegar LL.M., Rechtsanwalt in Wien und Experte für österreichisches Staatsbürgerschaftsrecht. Bei der WELTKÄRNTNER-Themenkonferenz "Doppelstaatsbürgerschaft" am 26. März 2021 war er als Experte eingeladen. Mag. Esztegar verfasste für uns einen Blogbeitrag:
Wenn man die mediale Berichterstattung zum Thema Doppelstaatsbürgerschaft in Österreich verfolgt, gewinnt man zwangsläufig den Eindruck, dass es sich dabei um etwas Verbotenes handle. Nicht selten ist in den Medien sogar von „illegaler Doppelstaatsbürgerschaft“ die Rede.
Tatsächlich ist das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht von der Ordnungsvorstellung geprägt, neben der österreichischen Staatsbürgerschaft möglichst keine anderen Staatsangehörigkeiten zuzulassen. So müssen Fremde, die die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragen, in nahezu allen Fällen auf ihre bisherige Staatsangehörigkeit verzichten. Umgekehrt tritt der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft automatisch ein, wenn ein/e StaatsbürgerIn freiwillig eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt.
Dennoch gibt es durchaus Fälle von Doppelstaatsbürgerschaften und sogar Mehrfachstaatsbürgerschaften, auch neben der österreichischen. Gerade wenn zwei Staatsbürgerschaften durch Abstammung erworben werden, weil die Eltern unterschiedliche Staatsangehörigkeiten haben, toleriert das österreichische Recht auch die andere, fremde Staatsangehörigkeit. In derartigen Fällen können Kinder daher vielfach Doppel- oder sogar Mehrfachstaatsbürger sein und auch bleiben.
Die immer wieder gerne genannte „Entscheidungspflicht“ für eine Staatsbürgerschaft bei Erreichen der Volljährigkeit sieht das österreichische Recht nicht vor: Jemand, der durch Abstammung zwei (oder mehr) Staatsbürgerschaften erworben hat, kann diese (zumindest nach österreichischem Recht) auch als Erwachsener behalten. Dennoch gibt es für werdende Eltern hier erhebliche Fallstricke und man sollte in so einer Konstellation rechtzeitig vor der Geburt des Kindes einschlägige Beratung in Anspruch nehmen und Informationen einholen.
Für StaatsbürgerInnen im Ausland ist vielfach der Wunsch, die Staatsangehörigkeit des Gastlandes anzunehmen, der Anlass, um sich mit der Staatsbürgerschaftsfrage zu beschäftigen.
Wer freiwillig eine fremde Staatsangehörigkeit annimmt, verliert die österreichische automatisch. Eine Ausnahme besteht nur, wenn man vorher eine Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft erwirkt hat. Diese ist allerdings sehr schwer zu erlangen und wird sehr restriktiv gehandhabt. Infrage kommen nur extreme Beeinträchtigungen aus dem familiären oder privaten Umfeld oder ein Interesse der Republik Österreich an der Beibehaltung. Bei Kindern kann die Beibehaltung zusätzlich auf das Kindeswohl gestützt werden.
Eine einmal verlorene Staatsbürgerschaft wiederherzustellen kann schwierig bis unmöglich sein. Daher empfiehlt es sich jedenfalls vor allfälligen Schritten, die zu einer Änderung der Staatsbürgerschaft einer Person oder ihrer Kinder führen könnten, rechtzeitig Erkundigungen anzustellen und Rat bei Experten zu suchen.
Mag. Balazs Esztegar LL.M. ist Rechtsanwalt in Wien und Experte für österreichisches Staatsbürgerschaftsrecht. Er ist einer der Herausgeber eines Kommentars zum Staatsbürgerschaftsgesetz und Autor des Kapitels Staatsbürgerschaftsrecht im WEKA Handbuch Asyl- und Fremdenrecht, das jährlich mehrmals aktualisiert wird.
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